WEISSE SCHAFE BITTE VOR DEN VORHANG!

Von Alexandra Terzic-Auer


100. LICHTLESUNG AM 21.12. 2018 & BUCHPRÄSENTATION »WANDEL DER HERZEN«


 

Vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht,

die einen Meilenstein in der Entwicklung unserer Zivilisation bedeutete, war Bildung im heutigen Sinn wenigen reichen Leuten vorbehalten, die Bücher besaßen und sich Hauslehrer leisten konnten. Seit der Erfindung des Internets hat jeder, der über einen Internetzugang verfügt, damit potenziell Zugang zum Wissen der Welt. Die historische Wende zum digitalen Zeitalter hat vor allem die Schule, die so lange das Monopol der Wissensvermittlung für alle inne hatte, in arge Bedrängnis gebracht. Die erste Generation, die mit dem neuen Medium aufwuchs, war im Umgang damit ihren Eltern und Lehrern schon im Volksschulalter überlegen. Diese Kinder machten die Erfahrung, dass sie ohne Unterstützung oder Unterweisung von Erwachsenen fähig waren, sich neue Fertigkeiten anzueignen und ihre Eltern und Lehrer spielend zu überflügeln. Das hat ihr Selbstbewusstsein natürlich nachhaltig beeinflusst!

Lehrer, deren Autorität in erster Linie auf ihrem Wissensvorsprung beruhte, gerieten in eine Identitätskrise. Der altbewährte Frontalunterricht funktionierte nicht mehr, denn die Klassen, die sie zu unterrichten hatten, wurden immer inhomogener. Je nach Herkunft und Sozialisation weisen schon Schulanfänger immer größere  Entwicklungsunterschiede auf. Auch ein 2. verpflichtendes Kindergartenjahr wird diese Situation höchstens marginal verändern können, denn schon jetzt ist sie in Regionen, wo viele Kinder 3 oder mehr Jahre einen Kindergarten besucht haben, nicht nennenswert besser. Im klassischen, auf äußerer Disziplin – also Jahrgangsklassen, fixen Lehrplänen, Prüfungen und Noten – basierenden Schulsystem hatte der Autoritätsverlust von Eltern und Lehrern ziemlich verheerende Folgen: Ratlosigkeit bei vielen Eltern, steigende Berufsunzufriedenheit und Burnout-Raten bei den Lehrenden, psychische Störungen aller Art, Mobbing, Gewalt und Widerstand bei den teils gelangweilten, teils heillos überforderten Schülerinnen und Schülern. Millionen Zeitungsartikel, Studien und Bücher wurden über diese Missstände veröffentlicht, Tausende Therapien sind dagegen vorgeschlagen und teilweise erprobt worden.

Würde man endlich aufhören, nach alter Lehrer(un)sitte das Hauptaugenmerk auf Fehler und Probleme zu richten, um sich stattdessen nach gelingenden Beispielen einer zeitgemäßen neuen Bildungskultur umzusehen, wäre das Bild ein völlig anderes. Dann könnte sich die derzeitige Katastrophenstimmung recht schnell in eine optimistische Aufbruchsstimmung verwandeln! Hier nur einige Beispiele.

Es gibt LehrerInnen im öffentlichen Schulwesen, die schon vor Jahrzehnten erkannt haben, dass ihre Schüler gesunde Ernährung, Bewegungsfreiheit und emotionale Geborgenheit notwendiger brauchen als Schularbeiten und Hausübungen. Sie haben Spielecken eingerichtet, gesunde Jausen mit den Kindern zubereitet, deren Stärken hervorgehoben, Fächer- und später sogar Klassen übergreifenden Unterricht eingeführt. Sie sind mit den Kindern so oft wie möglich hinausgegangen in die Natur, in Werkstätten und Ausstellungen. Die schulischen Leistungen ihrer Schützlinge haben darunter nicht etwa gelitten, sondern sind parallel zum Wohlbefinden der Kinder sogar merklich angestiegen.

Die Verwaltung blieb davon allerdings unbeeindruckt. Unerbittlich auf Problemfälle fixiert, hat sie diesen persönlich engagierten Lehrkräften durch immer neue restriktive Verordnungen das Leben schwer gemacht. Auf der Gewinnerseite standen bislang daher jene KollegInnen, die ohne Rücksicht auf das Wohl ihrer Schützlinge Dienst nach Vorschrift machten. Als ich einmal mit einer größeren Kindergruppe einen Ausflug machen wollte, fragte ich eine erfahrene Lehrerin, wohin wir gehen könnten. Ihre Antwort: „Keine Ahnung. Wir machen schon seit über 20 Jahren keine Ausflüge mehr, denn da steht man als Lehrer ja ständig mit einem Fuß im Kriminal.“

So stehen wir heute vor der absurden Situation, dass sich die engagiertesten und erfolgreichsten LehrerInenn verstecken (müssen), weil ihre Erfolge ja eben darauf beruhen, dass sie sich über restriktive amtliche Bestimmungen eigenmächtig hinweggesetzt haben!

Alternativschulen wie Waldorf- oder Montessorischulen, deren Gründer schon vor 100 Jahren den natürlichen Bedürfnissen der Kinder den Vorrang einräumten, muss man sich leisten können. Obwohl sie der Gesamtgesellschaft auch als Auffangbecken für Schulabbrecher gute Dienste leisten, werden sie nicht nur finanziell ausgehungert, sondern auch immer stärker in Richtung Regelschule reglementiert. In Sonntagsreden beschwören Professoren und Bildungspolitiker zwar gerne wortreich die Notwendigkeit von ganzheitlichem Lernen, Individualisierung und freier Potenzialentfaltung, doch freie oder alternative Schulen, die sich tatsächlich an diesen Grundsätzen orientieren, lässt man im Regen stehen oder verfolgt sie sogar.

Ein noch krasseres Beispiel dafür sind die Freilerner. Die rechtliche Möglichkeit, durch Ausfüllen eines einfachen Formulars Kinder zum häuslichen Unterricht anzumelden, war bis vor kurzem selbst  Jugendämtern und AmtsärztInnen weitgehend unbekannt. Es gibt erst wenige Familien in Österreich, die, ermutigt durch Forschungsergebnisse aus Neurologie, Psychologie und Linguistik,  von dieser rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machen und ihre Kinder einfach zu Hause behalten. Auf diese Weise können sie die für Außenstehende verblüffende Erfahrung machen, dass Kinder auf allen Ebenen freudig weiter wachsen, wenn ihr natürlicher individueller Entfaltungsprozess von den Menschen in ihrem Umfeld so einfühlsam weiter begleitet wird wie während der ersten Lebensjahre. Dazu sind erfahrungsgemäß nur besonders bewusste und achtsame Eltern fähig. Doch obwohl sie sich seit Jahren um Kooperation mit den Behördenvertretern bemühen, werden diese engagierten Menschen von  Verwaltung und Medien am liebsten ungeprüft in einen Topf geworfen mit Staatsverweigerern, Schulschwänzern und öffentlichkeitsscheuen Sekten.

Natürlich gibt es innerhalb wie außerhalb des Schulsystems schwarze Schafe, vor denen Kinder unbedingt geschützt werden sollten. Doch nur an positiven Beispielen lassen sich konstruktive neue Erkenntnisse gewinnen! Ist es also nicht hoch an der Zeit, endlich einmal die weißen Schafe zu würdigen und die Vielfalt gelingender Beispiele wissenschaftlich zu erforschen? Als nicht unmittelbar involvierte Beobachterin habe ich das im kleinen Rahmen auf eigene Faust getan. Dabei ist mir zunehmend bewusst geworden, dass die auch als Unschooler bezeichneten Freilerner, deren Kinder ihre natürlichen Anlagen vollkommen selbstbestimmt ausleben dürfen, die mutigsten Pioniere einer neuen Bildungskultur sind. Einer, die Frieden zwischen Mensch und Natur stiftet. Wir werden sie brauchen, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.

Die globalen Zerstörungen, die wir den nächsten Generationen hinterlassen, gehen nämlich samt und sonders auf das Konto von Leuten, die in dem herkömmlichen, auf Konkurrenz und Wettbewerb ausgerichteten Unterrichtssystem besonders erfolgreich waren…


Alexandra Terzic-Auer, geb. 1952. Nach interdisziplinären, nie abgeschlossenen Studien war ich viele Jahre als Verlagslektorin und Übersetzerin tätig. Kinder – meine eigenen und viele andere – haben meine Weltsicht nachhaltig erweitert, ebenso wie die Arbeit mit Kinesiologie und systemischen Aufstellungen. In der Freilerner-Bewegung sehe ich den Beginn eines Bewusstseinwandels, den ich mit meinem Projekt „Scholé – Muße für Herz und Geist“ freudig unterstütze, so gut ich kann. → www.schole.at

(Hervorgebungen der ersten Zeile und des letzten Satzes von JJK.)

acTVism Munich: In diesem exklusiven Interview mit dem Hirnforscher, Neurobiologen und Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Bücher Prof. Dr. Gerald Hüther, reden wir über das Bildungssystem, die Kritikpunkte dazu und wie ein alternatives Bildungssystem aussehen könnte. Zusätzlich besprechen wir auch Wege und Lösungen für eine humanere und umweltfreundlichere Zukunft.


 

Die Gastbeiträge sollen eine bestimmte Bandbreite von Ansichten abbilden.
Dabei müssen die Inhalte nicht automatisch die Sichtweise des Verlags oder das Meinungsspektrum von Verlagsmitarbeitern wiederspiegeln.

 


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